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KAISERLICH RUSSISCH DEUTSCHE LEGION
6. KOALTIONSKRIEG
1. BEFREIUNGSKRIEG
GROSSGÖRSCHEN
BAUTZEN
GROSSBEEREN
AN DER KATZBACH
DRESDEN
KULM
AN DER GÖRDE
LEIPZIG
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INHALTSVERZEICHNIS

An der Göhrde
16. September 1813

Die Kaiserlich Russisch-Deutsche Legion stand in den Reihen der Nordarmee des Kronprinzen von Schweden (des ehem. französischen Marschalls Bernadotte.

Von dieser Nordarmee war das Korps Wallmoden mit seinen 27.000 Mann zur Verteidigung der Niederelbe abgezweigt worden, um die bei Hamburg versammelten französischen Streitkräfte des Marschalls Davout von einem Eingreifen in die Hauptentscheidung abzuhalten.

Das Korps sollte nur die Deckung des rechten Flügels der Nordarmee übernehmen, sich aber nicht in einen Kampf mit einem überlegenen Gegner einlassen. Während sich General Vegesack (Schwedische Division) mit einem Detachement von etwa 10.000 Mann nach Schwedisch-Vorpommern zurückziehen sollte, hatte das Gros die Aufgabe sich in diesem Fall auf die Nordarmee zurückzuziehen.

Bei Ablauf des Waffenstillstandes stand die Division Vegesack mit 6.400 Mann zur Deckung der Strecke von der Ostsee bis Ratzeburg bei Grevesmühlen, anschliessend bis Lauenburg die Kosaken Tetenborns, dazu die Freikorps Reiche und Lützow, insgesamt 3.800 Mann. Bei Zarrenthin die 4.000 Mann der Kavallerie-Division Dörnbergs bei Hagenow und Wittenberge das Gros des Korps, etwa 9.000 Mann; an der Elbe bei Dömitz und Boizenburg endlich eine kleinere Abteilung.

Davout eröffnete am 16.8.1813 die Kampfhandlungen und zwang bei Lauenburg und Büchen das Lützowsche Korps zur Aufgabe der Strecknitzlinie. Während Vegesack bei Grevesmühlen blieb, gingen die Vortruppen Wallmodens hinter die Schaale zurück, die Davout am 21.8. überschritt. Nach unbedeutenden Gefechten bei Camin und Goldenbow rückte er am 23.8. in Schwerin ein, während sich Wallmoden auf Ludwigslust zurückzog.

Die Kriegshandlungen bezogen sich hier hauptsächlich auf den Kleinkrieg. der durch die Überlegenheit der Verbündeten an Kavallerie die Vorposten der Franzosen bis auf Schwerin zurückwarf (Gefecht bei Gadebusch).

Davout liess am 3.9. nach Bekanntwerden der Niederlage von Grossbeeren die Stellungen räumen und zog sich über Ratzeburg zurück. Damit war die Armee in etwa wieder an der Waffenstillstandslinie postiert.

Durch die Papiere eines abgefangenen Kuriers erfuhr Wallmoden, dass Davout den General Pecheux mit einem Teil der französischen 50. Division das linke Elbufer von den Streifscharen der Verbündeten säubern lassen wollte, um die unterbrochenen Verbindungen mit der Festung Magdeburg wieder aufnehmen zu können. Wallmoden konzentrierte bei Dömitz 9.000 Mann, 3.200 Reiter und 38 Geschütze, ging am 15.9. auf das linke Elbufer über und marschierte bis Dannenberg. Pecheux hatte mit seinen 3.000 Mann Infanterie, 8o Reitern und 6 Geschützen von Lüneburg kommend die Göhrde erreicht. Hier wurde er von 3 Seiten von den Truppen Wallmodens angegriffen.

Während die Legion nur einen Verlust von 2 Offizieren, 4 Unteroffizieren und 77 Soldaten hatte, verlor Pecheux 1 General, 2 Adjutanten, etwa 100 Offiziere sowie gegen 2.000 Mann, sämtliche Kanonen, alle 16 Munitionswagen und 1 Feldschmiede.

In diesem Gefecht an der Göhrde waren besonders das 3. und 6. Infanteriebataillon sowie die 1. reitende Batterie der Kaiserlich Russisch-Deutschen Legion im Einsatz. Es war dies der grösste Erfolg, den das Korps Wallmoden je errang.

Nach diesem Gefecht ging Wallmoden wieder auf das linke Elbufer zurück, um einem eventuellen Angriff Davouts mit allen Kräften entgegentreten zu können. Bis November kam es zu keinen grösseren Kampfhandlungen. Davout räumte am 13.11. die Ratzeburger Stellung und zog sich zunächst hinter die Strecknitz, dann nach der Trennung von den Dänen auf Hamburg zurück.

Wallmoden folgte dem weichenden Gegner an die Strecknitz und vereinigte sich bei Boizenburg mit der Armee des Kronprinzen (Bernadotte). Sein Korps nahm aber nicht, wie Offiziere und Mannschaften hofften, am Vormarsch nach Frankreich teil, sondern kam gegen Dänemark in Holstein zum Einsatz.

CELLE / AN DER GÖHRDE

Ein Museum im Museum

Die Ehrenhalle des Bomann-Museum in Celle ist eine der wenigen, heute noch erhaltenen Ehren- und Ruhmeshalle, wie sie das 19. Jahrhundert in viele grössere Museumsbauten hervorgebracht hat. Sie ist selbst ein Stück Museumsgeschichte, denn in ihr spiegelt sich die zeitgenössische Auffassung der Museumsgründer von Geschichte, insbesondere von nationaler Geschichte, ihrer Darstellungsform, sowie die zeittypische Vorstellung von Sinn und Aufgabe des Museums. Das 1823 nach seinem Hauptinitiator in "Bomann-Museum" umbenannte "Vaterländische Museum" erhielt später einen eigenen, heute noch bestehenden Bau, der den drei Sammlungsschwerpunkten Völkerkunde, Stadt- und Landesgeschichte in einer Gestaltung Rechnung tragen sollte

Für die Ausstellung der grossen Sammlung hannoveranischer Militäruniformen schuf der Architekt AlfredSasse aus Hannover die "Ehrenhalle", die gleichzeitig Erinnerungshalle für die hannoveranische Armee sein sollte. Einrichtung und Gestaltung waren aufeinander abgestimmt und bildeten eine Einheit. Sie sind für den heutigen Besucher auf Grund späterer Raumveränderungen und der aus konservatorischen Gründen notwendigen Entfernung der Uniformen nur noch in Teilen nachvollziehbar.

Für den zeitgenössischen Eindruck charakteristisch war die Aufstellung der hannoveranischen Militäruniformen des 19. Jahrhunderts in Vitrinen entlang der Wände. Das Pedant dazu bildete die - erhaltene - Reihe von 16 Zwickelfiguren, die am Beispiel ausgewählter Soldatenbilder - teils historischen Personen - die Entwicklung der hannoveranischen Uniform bis zur Auflösung des Königreichs Hannover darstellt.

Zwischen den Zwickeluniformen und den in Form eines Kreuzes angeführten Schlachten an der Nordwand der Ehrenhalle bestehen enge Beziehungen: alle in den Uniformbildern vertretenen Einheiten und Regimenter haben an den genannten militärischen Auseinandersetzungen teilgenommen. Schliesslich wird die Raumgestaltung bestimmt durch das Monumentalgemälde des Berliner Malers Carl Röchling, das von Kaiser Wilhelm II. gestiftet und 1911 an der Ostwand der Ehrenhalle aufgehängt wurde. Es zeigt das Gefecht an der Göhrde (östlich von Lüneburg) vom 19. 9. 1813.

Das Schlachtenkreuz an der Nordwand

Die Namen der Schlachten sind in Form eines Kreuzes gruppiert. Bei der Auswahl der angeführten Schlachten hat offensichtlich der regionale Bezug den Ausschlag gegeben. Es sind nur - überwiegend siegreich geführte - Schlachten angegeben, an denen Regimenter und Einheiten mit Bezug auf Celle teilgenommen haben. Weitere Kriterien - familiengeschlechtliche Verbindungen - sind noch nicht erwiesen. Auffallend ist, dass einige militärhistorische weitaus bedeutsamere Schlachten fehlen, wogegen weniger wichtige aufscheinen.

Die Schlachten

Oben links

Nach dem Austritt aus kaiserlichen Diensten kämpften Truppen der welfischen Fürsten unter Herzog Georg von Braunschweig-Lüneburg als Allierte Gustav Adolfs von Schweden im Dreissigjährigen Krieg. Braunschweig-Lüneburg stellte drei Kavallerie- und vier Infanterieregimenter, die nach dem Überfall des Generals Ludlois bei Sanstedt der kaiserlichen Armee bei Hessisch-Oldendorf (bei Hameln) eine Niederlage zufügten.

In 1. Türkenkrieg 1663/64 nahmen braunschweig-lüneburgische Truppen an der Schlacht bei St. Gotthard an der Raab teil. In 1. Türkisch-venezianischen Krieg 1668/69 sandte Herzog Georg Wilhelm 1668 einen Teil seiner Truppen zur Unterstützung der Venizianer nach Kandia (Kreta)

Im 2. Eroberungskrieg Ludwig XIV. 1674/79 kämpften cellische und hannoveranische Truppen in der Schlacht bei Enzheim bei Strassburg und bei der Conzer Brücke (über die Saar bei Trier).

In Ungarnfeldzug 1685 waren cellische und wolfenbüttlische Truppen an der Belagerung und Eroberung der türkischen Festung Neuhäusl an der Neutra beteiligt.

Im 2. Türkisch-venezianischen Krieg 1685-89 stellte Hannover Truppen zur Hilfe Venedigs bei der Eroberung des Peloponnes in Griechenland und der Schlacht bei Patras.

oben rechts

Nach der Erlangung der Kurwürde durch Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg ("Kurhannover") begann eine Phase der militärischen Absicherung nach aussen. Daneben übernham Kurfürst Ernst August auf Grund des Kurtraktates von 1692 die Verpflichtung, dem Reich Truppen zu Kriegszwecken zu stellen.

In der Schlacht bei Neerwinden bei Lüttich standen hannoveranische Truppen in Sold und Dienst WilhelmsIII. (von England und Oranien).

Im Spanischen Erbfolgekrieg 1701-14 kämpften Hannoveraner u. a. unter Marlborough in den Schlachten bei Ulm, Schellenberg, Donauwörth, in der Entscheidungsschlacht bei Blenheim-Höchstädt (Schwaben), Rommilies (Süd-Brabant), Oudenaarde an der Schelde und Malpalquet an der belgischen Grenze.

Mitte rechts

Im Österreichischen Erbfolgekrieg 1740-48 kämpften für diesen Zweck angeworbene Hannoveraner unter Georg II. bei Dettingen, im Siebenjährigen Krieg 1756-63 bei Crefeld und Minden in Westfalen.

Während des Unabhängigkeitskrieges Nordamerika 1775-83 kam es 1778-82 zur Belagerung Gibraltars, an dessen Verteidigung Hannoveraner teilnahmen. Auf ein Hilfsgesuch der Ostindischen Kompanie wurden Truppen 1781-92 Truppen nach Ostindien gesandt.

Während des 1. Koalitionskrieges 1792-95 gegen das revolutionäre Frankreich kämpften Hannoveraner bei Famars, in Westflandern bei Rexpoede, Menin und Rousselane. In der Kings-German Legion (1803-16) nahmen die Hannoveraner nach der Auflösung des hannoveranischen Heeres in englischen Diensten an den Schlachten von Talavera bei Toledo, Barossa (Sevilla), El Bodon (Salamanca) unter Arthur Wellesley, Duke of  Wellington, Garzia Hernandez (Salamanca) und Ventadel Pozo (Burgos) teil.

Während der Befreiungskriege 1813-15 kämpften die Hannoveraner unter Generalleutnant Graf Wallmoden-Gimborn in der Schlacht an der Göhrde und in der Armee Wellingtons in der entscheidenden Schlacht bei Waterloo, in der das letzte napoleonische Heer geschlagen wurde.

Im Deutschen Krieg 1866 kam es nach der Schlacht bei Langensalza zur Kapitulation des hannoveranischen Heeres.

Die Schlacht an der Göhrde

Die auf dem Bild des Malers Carl Röchling dargestellte Schlacht (im militärischen Wortgebrauch eher als "Gefecht" zu bezeichnen) spielt auch innerhalb der Befreiungskriege gegen die napoleonische Besatzung eine Rolle.

Napoleon beherrschte zu Beginn des 19. Jahrhunderts fast das gesamte europäische Festland. Die deutschen Mittelstaaten waren unter seiner Person im Rheinbund vereint. 1807 war das frederizianische Preussen unter Napoleons Angriff zusammengebrochen.

Nach dem Scheitern des russischen Feldzuges kam es zu einer neuen Welle des Widerstandes gegen die Besatzer. Preussen bildete eine Koalition mit Russland, der sich Österreich und Schweden anschlossen. Unter Vermittlung Metternichs kam es von Juni bis August 1813 zu einem Waffenstillstand. Während dieser Zeit hoben die Verbündeten Heere aus, deren Ziel es war, Napoleon einzukreisen, In schneller Folge wurden Gefechte und Schlachten, meist mit Erfolg für die Verbündeten, geschlagen (Grossbeeren, Katzbach-Wallstatt, Dresden-Kulm, Tauentsin).

Am 16. September 1813 konnten die Verbündeten - Hannoveraner, Russen, Briten, Preussen, Hanseaten, und Einheiten der "Kings German Legion" - an der Göhrde, etwa 20 Kilometer westlich von Dannenberg, französische Truppen besiegen und vom linken Elbufer vertreiben. Dadurch wurde einen Monat vor der kriegsentscheidenden Schlacht bei Leipzig die Verbindung zwischen dem Korps des Marschalls Davout und der französischen Hauptarmee unter Napoleon unterbrochen

Das Bild Röchlings gibt den Augenblick wieder, als kurz vor Sonnenuntergang die hannoveranische Brigade Halkett zum Bajonettangriff überging und die Franzosen in die Flucht schlug. Ganz rechts sind schwarz uniformierte Lützower Jäger zu erkennen, die an dieser Attacke tatsächlich aber nicht beteiligt waren. Daneben ist das hannoveranische Feldbataillion von Bennigsen mit den roten Röcken und weissen Tschakos zu sehen. Hoch zu Ross ist der Brigadekommandeur Sir HughHalkett in der grünen Uniform des 2. Leichten Bataillons der Legion dargestellt, hinter ihm Oberstleutnantvon Bennigsen, links fliehende Franzosen in ihren hellbraunen Kapotmänteln, am Boden - schwer verwundet - Rittmeister Hugo vom 3. Husarenregiment der Kings German Legion, das von der Flanke her einen zweiten Angriff reitet.

Das Bild und seine Auftraggeber

Die Entstehungsgeschichte des Gemäldes, die Wahl des Themas sowie die Bildgestaltung hängen eng mit der politischen Situation im Reich zu Beginn unseres Jahrhunderts zusammen.

Das Bild wurde von Kaiser WilhelmII. in einer Zeit der Konfliktbeilegung zwischen Hohenzollern und Welfen in Auftrag gegeben. Beide Häuser miteinander auszusöhnen, lag in der politischen Absicht des Kaisers.

Da das Gemälde ausdrücklich hannoveranisch-preussische Waffenbrüderschaft darstellen sollte, wurde die militärische Auseinandersetzung an der Göhrde zum Thema gewählt, an dessen Verlauf Preussen teilgenommen hatten.

Zunächst sollte das Bild von dem hannoveranischen Maler Ernst Pasqual Jordan (1858-1924) ausgeführt werden. Jordans Entwurf zeigte jedoch - gemäss den historischen Gegebenheiten - keine zu dem dargestellten Zeitpunkt an der Schlacht beteiligten Preussen. Aus politischem Kalkül wurde Jordans Entwurf abgelehnt und der Berliner Militär-, Schlachten- und Genremaler Carl Röchling (1855-1920) mit der Ausführung des Bildes beauftragt, der als ein Zugeständnis an den Auftraggeber schwarz uniformierte Jäger des Lützower Freikorps in das Bild fügte.
  

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